Wir sind Spurensucher und Überlebenskünstler

Unsere Spuren reichen weit zurück. Eine bewegte Geschichte beinhaltet auch existenzielle Krisen, die große Energien weckten und gute Wegbegleiter an unsere Seite führten. Uns verbindet mit unseren Wegbereitern der unverstellte Blick auf die Einzelnen in ihrer Individualität und zugleich das Engagement für die Gemeinschaft und das Lokale. Wir wollten und wollen Teil eines guten Ganzen sein.

 Entstanden ist pro juventa aus dem Kinderheim im Hohbuch, das 1973 aus dem städtischen Kinderheim in Reutlingen hervorgegangen ist. Das städtische Kinderheim in Reutlingen hat eine Geschichte, die in ihren Anfängen bis auf Martin Luther zurückreichen soll. 


Die Geschichte des Kinderheims hat die damalige Leiterin, Schwester Fridel Auer, in ihrem Buch „Zum eigenen Leben helfen“ 1999 festgehalten. Sie beginnt nach Fridel Auer mit  Martin Luthers Sendbrief „An die Bürgermeister und Ratsherren aller Städte deutsches Lands“ aus dem Jahr 1524. Die Stadt Reutlingen, durch Matthäus  Alber früh reformiert, übernahm mit dem Bürgermeister Jos Weiß  daraufhin bald die Sorge für Arme, Kranke, Hilfsbedürftige und Waisen als öffentliche Aufgabe. Dazu wurden die kirchlichen Stiftungen in die Pflegschaftsverwaltung von Stadt und Spital übergeführt.


Schon zur Zeit des Bürgermeisters Laubenberger 1665-1683 wird das Waisenhaus erwähnt. 1908 wurde das ehemalige Dienstbotenkrankenhaus zum Kinderkrankenhaus und Kinderasyl. Es entwickelte sich daraus das Städtische Kinderheim, das zunächst von der Armenpflege, dann vom Städtischen Sozialamt, verwaltet wurde. Seit 1924 führten die Großheppacher Kinderschwestern dieses Kinderheim. Schwester Fridel Auer war die letzte Leiterin aus dem Kreis dieser Schwesternschaft, sie ist am 29.11.2017 gestorben.

Ein Meilenstein in der Entwicklung der Einrichtung war der Wechsel vom Städtischen Kinderheim in der Friedrich–Ebert-Straße in die damals neu gebauten “Scheibenhäuser“ im Stadtteil  Hohbuch. Acht Wohngruppen wurden in zwei Gebäudekomplexen untergebracht, jede Wohngruppe mit je acht Kindern wurde von zwei Schwestern betreut, die in der Wohnung lebten. Das Kinderheim gehörte zu den ersten Heimen überhaupt, die sich auflösten und in dezentrale kleine Gruppen organisierten, die in einem ganz normalen Wohnumfeld lebten. Mit  diesem fachlichen Wagnis endete auch die Geschichte des städtischen Kinderheims. Die Zuständigkeit für die Erziehungshilfe ging auf den Landkreis über. Der Hartnäckigkeit und dem Unternehmertum der Schwestern und der Unterstützung eines großen Freundeskreises war es zu verdanken, dass 1973 die Neugründung unter dem Dach des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg gelang.


Zehn Jahre nach der Neugründung als Kinderheim im Hohbuch öffnete sich die Schwesterngemeinschaft für Frauen und Männer, die nicht dem Mutterhaus angehörten und durch die Reformanstöße der 68er Jahre geprägt waren. Es entstand eine Wohngruppe für Jugendliche mit neuen Beteiligungsformen und pädagogischen Ansätzen. Aus der Nachbetreuung für Jugendliche nach dem Auszug aus der Wohngruppe entwickelte sich das Betreute Jugendwohnen, das wir später zusammen mit Hilfe zur Selbsthilfe und der Oberlin-Jugendhilfe als Bürogemeinschaft kooperativ gestalteten. 1983 hatten es manche Jugendliche schwer, einen Ausbildungsplatz zu finden. Deshalb startete 1983 mit vier Jugendlichen eine Beschäftigungsinitiative, es folgte 1985 der Ausbau zu einer Schreinerwerkstatt, aus der heraus sich die Beschäftigungsgesellschaft pro labore gGmbH entwickelte.  


Unsere erste Tagesgruppe für Jugendliche entstand 1985, vielleicht die erste für diese Zielgruppe im Bundesgebiet. Schwester Fridel übergab 1987 die Leitung an Hans-Peter Häußermann.


Mit den Erziehungsstellen wurde 1987 eine alternative und sehr individuelle Form der Heimerziehung aufgebaut. Ein oder zwei Kinder wurden in eine Familie oder eine Lebensgemeinschaft aufgenommen. Im Unterschied zu Pflegefamilien ist eine pädagogische Ausbildung Voraussetzung, die Erwartungen an professionelle Erziehung im privaten Rahmen und an die Kontaktpflege mit der Herkunftsfamilie waren höher, die fachliche Beratung und Begleitung durch den Fachdienst wesentlich dichter.


Bereitschaftspflegefamilien, oder, wie wir sie damals nannten, Notaufnahmefamilien, waren bereit, Kinder und Jugendliche aus Krisensituationen vorübergehend bei sich aufzunehmen, unser Fachdienst klärte zusammen mit den Jugendamt die weiteren Perspektiven.

1993 gelang die zweite Metamorphose in unser langen Geschichte, aus dem städtischen Kinderheim wurde 1973 das Kinderheim im Hohbuch und nun, nach 20 Jahren, die pro juventa gGmbH.


Die Stadtteile Voller Brunnen, Storlach und Römerschanze lagen auf der Schattenseite, die soziale Infrastruktur war wenig entwickelt. Das Jugendamt hat angeregt, über ein kleines, gemeinwesenorientiertes Projekt für die Bewohner sichtbar zu werden. Daraus ist 1995 das Wiesprojekt entstanden, parallel wurde mit Herrn Hillebrand von Sozialen Dienst des Jugendamts die Stadtteilrunde aufgebaut und ein solidarisches Miteinander aller sozialen und kirchlichen Einrichtungen entwickelt. Seither sind der Aufbau einer örtlich angepassten Jugendhilfestruktur und das organisierte Miteinander von Jugendhilfe, Schule und Kommune ein wesentliches strategisches Ziel von pro juventa.  Das Wiesprojekt war Vorbild für den Aufbau der Kommunalen Jugendhilfe in Pfullingen, Lichtenstein und Eningen.


Die Schwesternschaft mit Schwester Fridel als Leiterin war weltoffen, an guter Nachbarschaft und am sozialen Miteinander im Stadtteil interessiert. Das Experiment, das Heim aufzulösen und mit den Kindern dicht an dicht im einem Hochhausgebiet zu leben,  ging deshalb gut, weil die Schwestern auf die Nachbarn zugingen und Konflikte im Entstehen lösten. Schwester Fridel kümmerte sich um die vielen „Schlüsselkinder“ und organisierte mit Schülern des Kepler-Gymnasiums eine Ferienbetreuung, in die auch nach kurzer Zeit die Ev. Fachhochschule für Sozialwesen einstieg. Zusammen mit der Fachhochschule wurde auch das Holzhaus initiiert, ein Ort der offenen Jugendarbeit im Stadtteil Hohbuch.  Aus dem Jahresfest des Kinderheims auf dem Gelände des „Gütle“ entwickelte sich das Stadtteilfest. So ist das Kinderheim eng mit der Stadtteilentwicklung im Hohbuch verbunden und das Wiesprojekt viele Jahre später steht in dieser Traditionslinie.


1998 begann an der Schloss-Schule in Pfullingen mit der Pionierarbeit von Gabi Hilke der Aufbau unserer Schulsozialarbeit. Daraus hat sich zusammen mit der seit 2008 rasch expandierenden Schulbegleitung, der Sozialen Gruppenarbeit an der Schule, Gewaltpräventionskursen und den Berufsorientierungsmaßnahmen  der große Bereiche Jugendhilfe und Schule entwickelt, der mit der Kommunalen Jugendhilfe eng verbunden ist und die zweite große Entwicklungslinie bei pro juventa darstellt, die über die Erziehungshilfen, unseren ursprünglichen Bereich, hinausführt.

2001 wurde die Sozialpädagogische Familienhilfe entwickelt und mit dem schon bestehenden Erziehungsbeistandschaften im Bereich FloH (flexible organisierte Hilfen) zusammengeführt. Das systemische Denken und Handeln und die Orientierung an den individuellen Bedarfen der Eltern und Kinder gewann damit an Dynamik. Zeitgleich waren wir für einige Jahre zusammen mit Hilfe zur Selbsthilfe und der Oberlin-Jugendhilfe Partner des Landkreises in der Umsetzung einer regionalisierten Jugendhilfe aus einer Hand. pro juventa war zuständig für die Regionen Reutlingen-Nord und Echaz-Neckar.


2003 entstand durch die Initiative einer Mitarbeiterin, die aus der Elternzeit zurückkam, die Villa Kunterbunt. Damit gelang der Einstieg in die Kinderbetreuung. Genauso wie bei der Gestaltung der Gemeinwesenarbeit im Wiesprojekt, beim Neuaufbau der Wohngruppe Tübinger Straße 2006 mit dem Konzept des Trainingswohnens für Mutter und Kind, der Gründung des Bereichs „Achtung Gewaltfrei“ und bei der Entwicklung der Frauengesundheitsprojekte BIG und WIR ab 2012 waren es Initiativen aus unserer Mitarbeiter*innenschaft, die pro juventa um neue Angebote bereicherte.


Seit 2010 machen uns Elternbildungsprogramme in verschiedenen Formaten, über das Landesprogramm STÄRKE, zu Bildungspartnern des Landkreises. Seit 2016 helfen wir minderjährigen Geflüchteten in Deutschland Fuß zu fassen, die Sprache zu erlernen, eine Ausbildung zu beginnen und traumatische Erfahrungen zu bewältigen.
 
Projekte treiben die Entwicklung weiter voran. Ohne Risiko und Mut hätte unsere Geschichte als städtisches Kinderheim geendet. Risiko, (De)-Mut, Weltoffenheit, aber auch Vertrauen, Verantwortungsbewusstsein, Kreativität und Initiative unserer Mitarbeiter*innen weisen uns den Weg in die Zukunft.

Wir wollen weiterhin innovative Perspektiven für Kinder, Jugendliche und Familien entwickeln. Nie alleine, sondern immer in Vernetzungsstrukturen, zusammen mit unseren Kooperationspartnern sowie den Kindern und Familien, für die wir da sind.

Wegmarken unserer Geschichte

_ 1970

Gründung des Förder- u. Freundeskreises

_ 1973

Kinderheim im Hohbuch

_ 1983

Berufsorientierung für Jugendliche, Wurzeln der pro labore gGmbH

_ 1983

Jugendlichenwohngruppe, Anfänge des Betreuten Jungwohnens
1985 Erste Tagesgruppe für Jugendliche, zwei weitere Tagesgruppen kommen hinzu

_ 1987

Sr. Fridel geht, Hans-Peter Häußermann übernimmt die Leitung

_ 1987

Erziehungsstellen und Notaufnahmefamilien

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Eindrücke aus unserer Geschichte

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